Vor zwei Jahren wäre für „Blondshell“, das Debütalbum von Sabrina Mae Teitelbaum, mehr drin gewesen als Platz 97. Die ersten Urteile waren für die US-Amerikanerin sicherlich erfreulich (7,5 Punkte und 8 Punkte), doch dann versaute ich ihr leider den Durchschnitt (7,167 Punkte).
Jetzt also der zweite Versuch mit „If You Asked For A Picture“, das aber mit Kritikerlob nicht so überschüttet wurde wie „Blondshell“ (76 Punkte gegenüber zuvor 84 Punkten bei Metacritic).
Die mittlerweile 28-jährige Teitelbaum beschreibt ihr zweites Album selbst als „erwachsener“ und „volller“, was aber nichts daran ändert, dass ihre Liebe dem Alternative Rock der 90er Jahre gehört und in ihrer Plattensammlung sicherlich Alanis Morissette, Red Hot Chili Peppers und The Smashing Pumpkins stehen. Blondshell hat ein paar wuchtige, grungige Songs im Angebot („What’s Fair“, „He Wants Me“) zeigt sich aber auch im akustischen, balladesken Gewand (wie beispielsweise „Two Times“, das eher an The Cranberries denken lässt) und beweist Gespür für überaus eingängige Pop-Melodien („23’s A Baby“).
„If You Asked For A Picture“ bietet ein Dutzend Songs, auf denen Blondshell Themen wie Kontrolle, Beziehungen und Selbstreflexion erforscht und auf eine noch tiefere autobiografische Geschichte verweist. Das Album ist bereits im Mai über Partisan Records als CD und LP (Coke Bottle Clear Vinyl, Sertraline Blue Vinyl, Model Rocket Red Vinyl, Flamingo Pink Vinyl, Ochre Transparent with Blue, Red, and White Splatter Vinyl) erschienen.
Blondshell in Deutschland:
20.09.25 Hamburg, Reeperbahn Festival
23.09.25 Berlin, Hole44
25.09.25 Köln, Helios37
Stilistisch bedienen sich Blondshell und Produzent Yves Rothman dabei erneut aller gängigen Spielarten angesagter Indie-Rock-, Post-Punk-, Schrammelpop- und Alt-Songwriter-Stilistiken. Interessanterweise sagt Sabrina ja, dass sie sich dabei von Klischees männlicher Acts inspirieren lasse, die sie dann spielerisch aus einer weiblichen Perspektive interpretiere – was vielleicht auch erklärt, dass ihre Musik nicht nur bei jungen, weiblichen Fans gut ankommt. Ab dem Song „23’s A Baby“ – einer Reflexion über eine Eltern/Kind-Beziehung – kommen dann langsam wieder jene hymnischen Momente mit ausholenden Melodiebögen, Breitwand-Power-Chords, Mitsing-Refrains, Chorgesängen und elaborierten Zwischenspielen, Bridges und Soli zum Tragen, die bereits das selbstbetitelte Debütalbum so essentiell gemacht hatten. Letztlich funktioniert diese Dramaturgie aber – denn über die bis zum Ende der Scheibe immer besseren Songs wird ein Spannungsbogen erzeugt, dem man sich als Zuhörer kaum entziehen kann. Es ist ja immer wichtig, wenn es auf der schwierigen zweiten Scheibe bereits eine erkennbare künstlerische Weiterentwicklung zu beobachten gibt – uns das ist bei „If You Asked For A Picture“ zweifelsohne der Fall.