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5. September 2020

No Joy - Motherhood


Während es die Ziege Piquette bis auf das Plattencover von „Motherhood“ geschafft hat, scheint Laura Lloyd noch nicht einmal mehr Teil der Band No Joy zu sein. Die Shoegaze-Band aus Montreal wird von Jasamine White-Gluz (Gesang, Gitarre, Piano, Synthesizer) nun eher als Projekt umschrieben, welches sich für andere Menschen und weitere Stile öffnete.  

Jorge Elbrecht (Ariel Pink, Japanese Breakfast) hilft ihr beim Produzieren, Komponieren, an Gitarre und Bass sowie weiteren Instrumenten, Chris Walla (Death Cab For Cutie) und Madeleine Campbell sind im Studio als Engineer tätig, ihre Schwester Alissa, eigentlich Sängerin einer Deathcore Band (ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt - entleiben die sich am Ende eines Konzertes?), darf mitsingen („Dream Rats“), Jamie Thompson (Islands, Esmerine) sitzt am Schlagzeug, Tara McLeod (Kittie) spielt Gitarre und Banjo und Jeremy Dabrowski kümmert sich um Percussion, Synthesizer und Blasinstrumente. Noch bunter als die Besetzung und die Instrumentierung sind die Stilblüten, die „Motherhood“ treibt: denn zwischen tanzbarem, noisigem Shoegaze und entrücktem Dreampop sprießen munter Trip Hop, Trance, Techno oder Nu Metal.     

Nach „Ghost Blonde“ (2010), „Wait To Pleasure“ (2013) und „More Faithful“ (2015) ist „Motherhood“ das vierte Album von No Joy und definitiv ihr experimentellstes. Bisher wurden von den Plattenrichtern immer zwischen 6 und 7 Punkte für No Joy gezückt - ob es Dank der Vielfalt diesmal zu mehr reicht?   



Die Songs stehen nun als voluminöse Bauwerke da, in die No Joy Trance- oder Synthie-Pop-Ebenen ziehen. Layer um Layer um Layer, bis die Luft dann doch etwas dick wird.
White-Gluz’ Stimme hängt im hinteren Teil dieser Räume, dominanter ist das Jingle-Jangle der guten Jahre, auffallend auch mal ein Satz markiger Heavy-Rock-Gitarren und etwas Drama auf dem Piano. Das verleiht den elf Songs schon verschiedene Geschmacksnoten. Es bleibt dennoch der Eindruck hängen, dass sich bei No Joy 2020 nicht viel bewegt. Aber wir langweilen uns hier ja auf anständigem Niveau.



Einer der großartigsten dieser Momente ist gleichzeitig auch einer der überraschendsten: In "Dream rats" teilt sich White-Gluz das Mikrofon zum ersten Mal mit ihrer Schwester Alissa, die sonst als Leadsängerin der schwedischen Death-Metal-Band Arch Enemy auf sich aufmerksam macht. Die Mischung aus dem Brachialen auf der einen und dem regelrecht Betörenden auf der anderen Seite wirkt zunächst wie eine Art Fiebertraum, entwickelt mit jedem weiteren Hördurchgang aber einen heftigen Sog, aus dem es kein Entkommen gibt. Ein nicht ganz so geglücktes Experiment ist das dennoch durchaus charmante "Four", das mit TripHop-Anleihen zu überzeugen versucht, mit seinem Noise-Ausbruch letzten Endes aber viel schneller ins Schwarze trifft.



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