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25. Juni 2020

Phoebe Bridgers - Punisher


Eigentlich erstaunlich, dass mir - als Bright Eyes- bzw. Conor Oberst-Fan - Anfang letzten Jahres das gleichnamige Album von Better Oblivion Community Center durch rutschte. Gut, dass ich dann später von Felix auf die Zusammenarbeit von Conor Oberst und Phoebe Bridgers aufmerksam gemacht wurde!

Auch das Debütalbum der 25-jährigen US-Amerikanerin hörte ich mir erst im Nachhinein an - und auch dort gab es eine Zusammenarbeit mit Conor Oberst zu entdecken. Nicht das einzige Highlight auf „Stranger in the Alps“. Und genau so ist es nun bei „Punisher“, einem wunderbaren, folkigen Singer/Songwriter Album, bei dem der Bright Eyes-Kopf fünf Titel mitkomponierte und auf „Halloween“ und „I Know The End“ auch erneut zu hören ist. Insgesamt scheint Frau Bridgers gut vernetzt zu sein, denn Julien Baker, Lucy Dacus und Sarah Tomberlin sind weitere Gesangspartnerinnen und Nick Zinner (Yeah Yeah Yeas), Nathaniel Walcott (Bright Eyes) oder Jenny Lee Lindberg (Warpaint) sind u.a. weitere musikalische Mitstreiter.

Die Plattenkritiken sind berauschend: Bei Metacritic steht „Punisher“ mit 90/100 Punkten noch besser da als ihr Debüt mit seinen schon beachtlichen 82 Punkten. 

Schallplattenfreunde können sich nicht nur auf den tollen Inhalt sondern auch auf die unterschiedlichen Vinyl-Versionen freuen: Blue with Kind of Swirly Silver, Blue and Green and Swirly, Red and Swirly und Seaglass Wave.




Der „Garden Song“ ist große Songwritingkunst, ein berührender Dialog der jungen Phoebe mit der Phoebe von heute, „Kyoto“ erzählt als Indie-Rock-Hit im Juliana- Hatfield-Stil von den Erfahrungen einer Japan-Reise.
Sind diese beiden Stücke durch, beginnt das Album so richtig. Das Titelstück flirrt durch die Luft, im Hintergrund gönnt sich Bridgers eine Roboterstimme, das Spieluhr-Gitarrenspiel erinnert an Radioheads „No Suprises“, die Sängerin erzählt von der Suche nach einem Geist, den sie zu kennen glaubt, Arrangement und Melodie sind atemberaubend. 




„Garden Song“ war eine Art dekonstruierter Countrypop-Ohrwurm mit hintersinnigem Text, das indierockige „Kyoto“ erinnerte an die Zusammenarbeit mit Conor Oberst als Better Oblivion Community Center. Ähnliche Perlen hat das insgesamt doch erstaunlich ruhige, aber durchgehend hervorragende „Punisher“ im Fünfminutentakt zu bieten. „Chinese Satellite“ ist mit seinem herrlichen Refrain und der Streicheruntermalung schlicht und ergreifend ein ganz wunderbarer Song, „ICU“ treibt Bridgers‘ Neunziger-Affinität allein mit der schmachtenden Textzeile „I feel something when I see you“ auf die Spitze, und der bittersüße Folksong „Graceland Too“ wird standesgemäß von einer Fiedel begleitet, ohne auch nur ansatzweise in Richtung Kitsch abzudriften.
Viele von Brigers‘ neuen Songs beschwören Bilder herauf, die man aus diversen Indie-Filmen zu kennen scheint: Halloween-Partys, die nicht so recht in Fahrt kommen wollen, verwaiste nächtliche Parkplätze und dergleichen. Zu anderen Stücken dagegen möchte man am liebsten selbst aktiv werden. Sollte je die Notwendigkeit bestehen, auf einem Bonanzarad durch den Sommerregen zu rasen, um einen lebensverändernden Anruf in einer Telefonzelle entgegenzunehmen, muss man während der Fahrt unbedingt „I Know The End“ hören. Mit dem Walkman. Laut.





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