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26. Juni 2020

Pauls Jets - Highlights zum Einschlafen


Wanda, Bilderbuch, Voodoo Jürgens und Der Nino aus Wien - als ein Erste Allgemeine Verunsicherung Geschädigter habe ich die Austro-Pop-Welle bisher an mir vorbei schwappen lassen. Was nicht heißen soll, dass man dem Wiener Trio Pauls Jets nicht einmal ein Ohr leihen kann…

Letztes Jahr veröffentlichten Paul Buschnegg (Gesang, Gitarre), Xavier Plus (Schlagzeug) und Romy Jakovic (Bass) ihr viel gelobtes Debütalbum „Alle Songs bisher“. Und bei „Highlights zum Einschlafen“, 13 kunterbunten Indiepop-Songs (die auch mal Disco oder Shoegaze sein können oder Tocotronic sein wollen) mit Andreas Dorau-Charme (und leider unvermeidlichem Auto-Tune-Einsatz), geht es genau so weiter:  


Natürlich ist der Name wie schon beim ersten Album Quatsch, weil zum Einschlafen ist da gar nichts. Es hält dich einfach wach. Es ist halt schon ruhiger, noch melancholischer, irgendwie aber auch nonchalanter und einfach viel trauriger. Es lässt dich nicht einschlafen, es lässt dich Gedanken sammeln und schwer loswerden, Schlaflosigkeit fast. »Die Songs sind depressiver, wenn ich allein bin« heißt es dazu im vielleicht intimsten und gleichzeitig simpelsten Song »Der Teufel«. Auch das mitunter ganz schön verzerrte »Blizzard«, mit Betonung auf »schön«, weißt von Lugubrität zu erzählen, von der Agonie mit der reinen Vorstellung von Zweisamkeit (…).
»Highlights zum Einschlafen« will niemanden glücklich machen, aber es wird sehr schön sehr unglücklich machen.




Die benutzten Produktionsmittel sind üppig, sie reichen von der akustischen Gitarre über mehr Tasten als zuletzt und vogelwilde Bläser bis zu vernebelten Autotune-Effekten, wenn nötig, werden sie aber auf Null zurückgefahren. Trap ist auch wichtig – wobei der Song, in dem von Trap erzählt wird, mit Trap gar nicht so viel zu schaffen hat. Warum auch, „Da da da“ ist schließlich auch keine Trio-Coverversion! Mögliche Verbindungen zu gegenwärtigen Protagonisten kontemporärer deutschsprachiger Popmusik sind zurückgefahren worden, stattdessen führen die Pfade in das Beste aller Dekaden, erlauben es dem Hörer, Parallelen zu Roxy Music ebenso zu ziehen wie zum Jangle-Pop der 80er-Jahre oder den Postmodern-Psychedelismen eines Ariel Pink.




"Ich bin ein Streichholz / ich bin nützlich / wenn du mich bläst / ja dann sterbe ich", singt Pul Buschnegg, während sich im Hintergrund gewaltiger orchestraler Bombast aufbaut. Und dieses Stück soll "Für die Fische" sein. Mitnichten. Auch das dazugehörige Album, "Highlights zum Einschlafen", ist vielmehr das, was gerne mit dem Autoantonym "Quantensprung" bezeichnet wird: eine Weiterentwicklung über mehrere Stufen auf einmal. Nach dem frisch heruntergebretterten und dabei sehr eingängigen Indie-Pop/-Rock des Debüts "Alle Songs bisher" (2019) hat das Wiener Trio bei der Auswahl der Stilmittel diesmal in die Vollen gelangt, fährt mit Bläsern und Streichern auf und verstärkt den Einsatz des Klaviers, dessen archaisches Hämmern sich reizvoll mit dem recht sophistischen Grundton des Albums schlägt.


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