Oh, irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass Markéta Irglová und Glen Hansard nicht im Guten auseinander gegangen sind und dass es keine weitere Zusammenarbeit der Tschechin und des Iren geben würde. Aber da habe ich mich wohl geirrt.
Als The Swell Season, benannt nach Hansards Lieblingsroman („Prima sezóna“ von Josef Škvorecký), veröffentlichten die beiden zwei Alben („The Swell Season“ (2006) und „Strict Joy“ (2009)), spielten die Hauptrollen im Film „Once“ (2007), gewannen für den Song „Falling Slowly“ einen „Oscar“ und waren - über einen Altersunterschied von 18 Jahren hinweg - für zwei Jahre ein Paar.
2015 und 2022 taten sich The Swell Season noch einmal für eine Handvoll Konzerte in Südkorea bzw. den USA zusammen, was dann 2023 zu ersten Aufnahmen in Irglovás Heimstudio in ihrer Wahlheimat Island führte. Jedoch findet sich „The Answer Is Yes“, das in dem Jahr auch als Single veröffentlicht wurde, nicht unter den acht Songs von „Forward“ wieder. Die Lieder entstanden in insgesamt drei Studio-Sessions mit dem Studioingenieur und Produzenten Sturla Míó Þórisson, der auch der Ehemann von Markéta Irglová ist. Sie spricht in diesem Zusammenhang von der Wiederverbindung alter Freunde unter neuen Umständen und es klingt so, als ob sie nach über 14-jähriger Pause auch nicht mehr so recht mit einem neuen Album von The Swell Season gerechnet hatte.
Dabei klingt „Forward“ genau so, wie man es beispielsweise 2011 von The Swell Season erwartet hätte. Anders als bei ihren früheren Alben haben Markéta Irglová und Glen Hansard die Songs gemeinsam entwickelt und auch den Lead-Gesang der gefühlvollen Folksongs teilen sie sich - mit Ausnamhe der klassischen Duette wie „Hundred Words“ - gerecht auf. Dennoch ist mit Blick auf deren Soloalben zu erahnen, dass beispielsweise das rockende und röhrende „Great Weight“ von Hansard stammt oder der intime Kammerpop von „I Leave Everything To You“ eher Irglovás Ideenwelt entsprungen ist.
„Forward“ ist als CD und LP (Ivory Vinyl, White Marbled Vinyl) erhältlich.
Forward ist kein Comeback im klassischen Sinn. Kein Aufkochen alter Gefühle, keine bloße Wiedervereinigung aus Gründen der Karriere. Vielmehr klingt das Album wie eine stille Übereinkunft zweier Künstler, die ihre gemeinsame Sprache nicht verloren haben.Schon der Opener „Factory Street Bells“ macht klar, worum es hier geht: Um Erinnerung, um Zeit, um Veränderung. Der Song ist Hansards Sohn gewidmet. Es ist ein ruhiger Einstieg, der nicht beeindrucken will, sondern Raum und Zeit schafft.„Stuck in Reverse“ greift thematisch die Angst vor Stillstand auf, musikalisch getragen von Hansards kratziger Stimme. „People We Used to Be“ arbeitet mit ähnlichen Kontrasten. Das Erinnern steht nicht für Stillstand, sondern für Bewusstsein. Die Vergangenheit wird nicht verklärt, sondern als notwendiger Teil des Jetzt verstanden.(Tonspion)
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