Franz Ferdinand - The Human Fear


Neulich auf Volkers Couch beim Anhören des neuen Albums von Franz Ferdinand:

1. "Audacious"

Dirk: “Alright, here we go with riff one.” Wenn wir bis zu riff eleven kommen, wird das ein guter Start ins neue Plattenjahr.
Ingo: Klingt bislang sehr freundlich. 
Christoph: Mag den freundlichen Start auch. Wäre aber ohne die Stimme nicht auf Franz Ferdinand gekommen. Oh, weiter hinten kommen Franz-Ferdinand-Momente. Das Stück könnte mein Eleanor-Moment des Albums werden.
Torsten: Kommt euch der Refrain (musikalisch) auch irgendwie bekannt vor?
Dirk: Die erste Single aus dem Album. Nach einem herrlichen Break wird es sehr schön beatlesque. Eine kühne Singles-Entscheidung, aber ich mag das Lied sehr.
Torsten: Stimmt. Könnte gut auf einem Beatles-Album sein. Klingt gut. Hätte auf einem der ersten beiden Alben sein können.
Ingo: Irgendwie klingt das ganze Lied “vertraut”. Clevere Wahl als Single. Oh, Bläser für Dirk. Sehr plötzliches Ende. 


 


2. "Everydaydreamer"

Dirk: Also nichts mit riff two. Aber weibliche Backing Vocals! Ob das die neue Schlagzeugerin Audrey Tait ist? Dann mehr davon!
Ingo: Auch wieder ein schöner Refrain. 
Christoph: Bin nach 1,1 Liedern sehr angenehm überrascht. Allerdings dürfte Alex’ Gesang beim Refrain keine Spur höher sein, dann fände ich ihn fies. 
Dirk: Die Keyboards dominieren und halten uns “auf Trab” - oder soll ich “auf Achse” sagen?
Torsten: Beim Titel musste ich erstmal an Menswer denken. 
Ingo: Stellenweise ungewohnter Gesang von Kapranos. Um beim Titel zu bleiben: Kein traumhafter, aber ein guter Song. Und die Keyboards machen es hier wirklich aus. 


3. "The Doctor"

Ingo: 80er Keyboard zu Beginn. Erinnert mich irgendwie an Maximo Park. 
Torsten: Also, ich will beim Arzt lieber schneller nach Hause als später. Dirk: Das passt. Der Song handelt nämlich von Latrophobie, der langanhaltenden Angst vor Ärzten. 
Torsten: Also, ich hatte ja vorher Kakophonophobie. Aber das ist nach den ersten drei Stücken weg.
Christoph: Als Fan des Doctors (Who) war das auf dem Papier vorher besonders spannend. Es ist nicht verkehrt, aber auch kein spontaner Liebling. 
Dirk: Ja, okayer Song.
Ingo: Recht kurzweilige aber auch kurze Songs bislang. 


4. "Hooked"

Dirk: Was ist denn hier los? Elektroclash? 
Torsten: Und ‘Doctor’ und ‘Hooked’ nacheinander? Wer da nicht an Doctor Hook denkt.
Ingo: Ich hoffe, dass ist nicht die Blaupause für die Zukunft mit der neuen Drummerin. 
Dirk: Das ist fürchterlich. Vielleicht die Signatur vom Produzenten, der eher aus dem Pop- und Elektro-Sektor stammt?
Torsten: Typischer Skip-Song.
Christoph: Er singt “that’s alright.” Faktencheck: nein.
Ingo: “Hooked” bin ich durch den Song nicht. 
Dirk: Der übelste Franz Ferdinand Song ever.
Ingo: Schön, dass er vorbei ist. 
Christoph: Spielen sie hoffentlich nicht live!


5. "Build It Up"

Dirk: Oh, das klingt wieder nach frühen Franz Ferdinand.
Torsten: Der Anfang versöhnt schonmal wieder etwas.
Ingo: Nach weniger als einer Minute schon diverse typische FF-Momente. Fein!
Christoph: Oh ja, das tut gut. “Fix it up” gilt wohl auch für die Platte nach dem schlimmen Lied davor. 
Dirk: Das Artwork ist übrigens von “Seven twists” von Dóra Maurer, einer ungarischen Künstlerin, inspiriert. Farblich soll es an das Debütalbum andocken. Musikalisch passt das auch.
Torsten: Schöner, typischer Song. Mehr davon.
Ingo: Also daraus hätte eine andere Band 3-4 Titel generieren können. Franz Ferdinand machen daraus den für mich bislang besten Song des Albums. 
Dirk: Schön auch wieder der weibliche Hintergrundgesang.
Christoph: Ja, das ist ein sehr gutes Element!


6. "Night Or Day"

Ingo: Wieder ein prägnantes Keyboard zu Beginn. 
Dirk: Der mit Sicherheit beste Song des Albums. Ihr kennt ihn schon von meiner Jahres-CD und habt sicherlich gedacht, dass er mit den großen Franz Ferdinand Hits mithalten kann.
Torsten: Toller Song, aber warte mal ab, was Franz Ferdinand noch alles in petto haben.
Christoph: Ja, Dirk. Liebe den auch!
Ingo: Hier klingt Kapranos so ein wenig heiser stellenweise. Gefällt mir gut! Neue Facetten seines Gesangs. 
Dirk: Aber wie schnell ist diese Platte vorbei? 18 Minuten und es ist gleich schon an der Zeit,  die LP umzudrehen…
Christoph: Alex Kapranos ist ja mit einem der (mittlerweile) größten französischen Popstars verheiratet. 
Dirk: Ach, mit wem? Du wolltest doch einmal so einen Indie-Gossip-Blog machen…
Christoph: Da könnt Ihr es nachlesen! Ach, den gibt es ja leider noch nicht. Clara Luciani!
Ingo: Mit Prog-Moment zum Ende. Toller Song. 


 


7. "Tell Me I Should Stay"

Ingo: Bislang sprachen die Songs bis auf “Hooked” für sich. Mich muss niemand bitten, zu bleiben.  
Dirk: Der mit Abstand längste Song des Albums. Da kann man sich auch Zeit für ein sanftes Piano-Intro nehmen.
Torsten: Schöner, sphärischer Anfang.
Ingo: Überraschend. Auch der Gesang wieder. 
Christoph: Hatte gerade bei den ersten beiden Tönen einen “I like Chopin”-Moment. Der war aber schnell weg.
Dirk: Sehr ungewöhnliche Songstruktur. Hat irgendwie einen Musical-Touch für mich.
Ingo: Ich wäre nicht zwangsläufig auf FF gekommen, hätte ich diesen Song im Radio gehört. Nun, dort wird er nicht laufen und ich höre kein Radio. 
Torsten: Nur anhand der Stimme hätte man es zuordnen können. Gefällt mir aber sehr gut. Die Frage „Should I stay or should I go?“ stellt sich mir nicht.
Christoph: Der wird auch Teil des Franz-Ferdinand-Musicals werden, falls es das irgendwann gibt. Sehe die Choreo schon vor meinem inneren Auge. Tanzende Menschen auf mehreren Etagen in einer Bar.


8. "Cats"

Ingo: “Cats”? Noch mehr Musicalmaterial? Und wieder: Überraschender Gesang direkt zu Beginn.
Christoph: Kein Musical, Ingo! Aber sie covern ihr eigenes Frühwerk mit dem Rhythmus. 
Ingo: Aber das machen sie gut. 
Christoph: Ja, unbedingt!
Torsten: Für einen klitzekleinen Moment war ich etwas geschockt, weil das Gitarrenriff so auch auf einem Santiano -Album vorkommen könnte…zum Glück war der Moment nur sehr kurz.
Ingo: Du kennst Sachen… ;-) Aber du wohnst ja auch im Norden, oder?
Torsten: Ja, weiter nördlich geht es kaum. Zumindest innerhalb Deutschlands.
Christoph: FF, die Riesen des Shanty-Rocks, Torsten?
Dirk: Bisher eher das, was man einen Füller nennt.
Torsten: Sie scheinen da eine weitere Nische für sich gefunden zu haben.
Ingo: Dirk, “Cats” müsste doch DEIN Song sein. 
Dirk: Das hatte ich vorher auch gehofft.


9. "Black Eyelashes"

Dirk: Oh, wir tanzen Sirtaki mit Kapranos?
Ingo: Ah, das Blut des Vaters scheint durch. 
Christoph: Huch! Hätten sie stattdessen nicht was von Ta Toy Boy aus Griechenland samplen können?
Torsten: Der Anfang lässt Erinnerungen an schrecklichste Urlaubsmomente aufkommen.
Ingo: Der Song ist ja gar nicht mal so gut. 
Dirk: Aber nicht so schlimm wie “Hooked”. Also ein Ausfall pro Plattenseite und beide dauern keine 3 Minuten.
Ingo: Hätten sie drauf kommen können. Schade, dass man für Singles kaum noch B-Seiten benötigt. 
Torsten: Die griechisch angehauchte Shanty-Rock-Variante.
Christoph: Vielleicht persönlich relevant für Alex Kapranos, musikalisch nicht.


10. "Bar Lonely"

Ingo: Titelmelodie für eine amerikanische Cowboy-Serie?
Christoph: Das ist für mich eher ein Füller. Das Bar-Klavier nervt ein wenig.
Dirk: Ba-ba-ba-bald ist die Platte schon vorbei.
Ingo: Bei solchen Songs ist es in einer Bar schnell einsam. 
Torsten: Das perfekte Lied, um bei einem Konzert an die Bar zu gehen.
Christoph: Das vorletzte Lied ist doch immer der schlechteste Song? Hier ist es der drittschlechteste. 
Ingo: Der Piano-Part war gerade gar nicht so doof. 
Christoph: Wenn es lauter wird, wird es besser.
Torsten: Der Pianopart hätte gerne etwas länger sein dürfen. 


11. "The Birds"

Ingo: Vögel sind ja manchmal Katzenfutter. Vielleicht wird das ja noch ein Song für dich. Haben die vergessen, die Gitarre zu stimmen?
Dirk: Unsere Katzen sind ja keine Freigänger, daher bringen sie keine Vögel als Geschenk vorbei. Was aber bald kommt, ist die auf 1000 Exemplare limitierte trans-orange, black and white splatter effect LP von Blood Records…


Torsten: Ich glaube, am Anfang haben sie einfach ‘Hooked’ und ‘Black Eyelashes’ übereinander gelegt.
Christoph: Zu dem habe ich noch keine Meinung. Komisches Lied. Meine Erwartung an das Album war, dass alle Stücke so sind (also mir egal). Für ein so spätes Album sind aber Hits drauf, das mag ich. Das hier ist keiner.
Dirk: Wieder der Versuch, wie die frühen Franz Ferdinand zu klingen. 
Ingo: Der Song könnte mit den Durchläufen gewinnen. Oder grandios nerven. 
Torsten: Der Anfang nervt grandios…danach ist es erträglich. Mehr aber auch nicht.
Dirk: Die zweite Plattenseite ist noch kürzer als die erste. Und kann mich leider weniger überzeugen.
Christoph: Fürchte, ich werde ihn in drei Minuten schon vergessen haben, Ingo.
Ingo: Mit “Bar Lonely” und “The Birds” bekommt man auf jeden Fall die Bar oder das Konzert zum Ende hin rasch leer.  


Fazit: 

Dirk: Alex Kapranos erklärt den Albumtitel durch die Themen Angst und die menschliche Suche nach dem Nervenkitzel durch Überwindung der Ängste. Nach den ersten beiden Singles war mir weder Angst noch Bange. Doch leider gibt es den ein oder anderen Ausfall auf “The Human Fear”, das generell nach den frühen Franz Ferdinand zu klingen versucht.

Christoph: Mehr gute Momente als befürchtet, weniger Ausfälle als erwartet. Das ist eine Platte, die ich nicht kaufen werde, fürchte ich. Aber es ist auch irgendwie wohlig und beruhigend, dass Franz Ferdinand auch nach 30 Jahren (geschätzt) noch gute Lieder schreiben können. 

Torsten: Toller Songs auf der ersten Seite. Danach baut das Album doch stark ab. Night or Day, Everydaydreamer, audacious finde ich sehr stark. Bei ‘Hooked’ wird meine Plattennadel wohl versetzt. Insgesamt bin ich zufrieden. Meine Befürchtungen vor dem Anhören haben sich (meistens) nicht bestätigt. 

Ingo: Sehr starke Songs und Ausfälle halten sich ungefähr die Waage. “Always ascending” habe ich etwas stärker in Erinnerung. Homogener war es auf jeden Fall. Die Vielfalt von “The Human Fear” finde ich bemerkenswert. Keinesfalls ein "Alterswerk", sondern eine Mischung aus Stärken und Experimenten. Auch wenn diese nicht immer gelangen. 


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