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26. August 2020

Krief - Chemical Trance


Mehr als 10 Jahre war Patrick Krief als Gitarrist bei The Dears tätig und damit in die Entstehung von „Gang Of Losers“ (2006), „Missiles“ (2008) und „Degeneration Street“ (2011), das in Kanada immerhin Platz 37 der Charts erreichen konnte, involviert. Möglicherweise ist Bandgründer Murray Lightburn kein einfacher Charakter, denn seit der Bandgründung 1995 standen neben ihm 22 andere Musiker in der Band.  

Für Krief war 2015 Schluss bei The Dears, nun hat er sein sechstes Album veröffentlicht.  Der Vorgänger, „Dovetale“, kam bei Platten vor Gericht im letzten Jahr auf respektable 7,0 Punkte und besonders spannend wird zu beobachten, wie Patrick Krief nun im direkten Vergleich zu seinen ehemaligen Kollegen abschneidet, die dieses Jahr mit „Lovers Rock“ ihr mittlerweile achtes Album heraus gebracht haben. 

Das Albumcover sowie der -titel deuten es bereits an: Patrick Krief möchte uns auf einen psychedelischen Trip mitnehmen, uns auch ohne Drogen in Trance versetzen und in seiner Musik zu verlieren. Dazu wurde das Album dem Konzept des kontinuierlichen Hörens folgend angelegt, so dass uns Krief im Verlauf von 34 Minuten vom düsteren Opener „I Am The Pillar Of Darkness In Your Life“ bis zum friedlichen, erlösenden „Gyp Million Star“ geleitet. 

Musikalisch drängen sich Vergleiche zu den 70er Jahren auf: Pink Floyd („I Love You Just The Same“, „The Light Between Your Eyes“), aber auch John Lennon oder Leonard Cohen, können hier als Referenzen aufgelistet werden. Vielleicht mag sich der ein oder andere auch von an „Chemical Trance“ balladeske Radiohead, späte Blur oder - es liegt auf der Hand - The Dears erinnert fühlen. Ich würde, wie auch bei Wertungen mit mindestens einer 7 vor dem Komma, nicht widersprechen.

 
 


„I Love You Just The Same“ klingt flehentlich, beginnt wie der Opener sanftmütig. Mollakkorde des Klaviers gemahnen zunächst an Songschmiede wie Bon Iver oder Sufjan Stevens, bevor wir im Finale erneut die zuspitzende Repetition des Songtitels zu verdauen haben. Große (selbstkritische) Gefühle transportiert auch „Man About Lies“. Wabernde Electronica setzt neue Akzente und spätestens jetzt wird klar dass Patrick Krief sein Herzblut mittels einer wirklich einzigartigen Stimme ausschüttet. Sie ist auf eigentümliche Weise körperlicher als jene der meisten sensiblen Barden – vielleicht weil sie so regelmäßig von offensiver Saiten-Artistik zum Abheben eingeladen wird. Basslastig pulsiert der „Line Stepper“, Elektrifiziertes verführt sanft und es verwundert nicht, dass auch hier ein wohl dosierter Saiten-Exzess das Ganze aufreibt. Der Title-Track ist infizierend tanzbarer Reggae-Dub mit schlingernden Gitarren – ein Fremdkörper, der prächtig funktioniert, emotional sogar regelrecht befreit.


   


Besonders stark ist die neue Platte in den wuchtigen, nahezu endlosen Kapiteln. „The Light Between Your Eyes“ knackt sogar die Sechs-Minuten-Marke und häutet sich gleich mehrfach. Wütender, bärbeißiger Rock trifft auf psychedelische Jams, komprimierte Fragilität und Hexerei an der Lead-Gitarre. Hingegen kommt „Line Stepper“ erst recht spät in die Gänge, bäumt sich in aller butterweicher Sorgfalt auf und lässt in der finalen Minute die Sau raus. All das mündet im zarten Hoffnungsschimmer „Never Without You“ mit dem instrumental Wurmfortsatz „Gyp Million Star“. (…)
Das Spiel mit Laut-Leise-Dynamik, die plötzlichen Wendungen, feinen Details – all das verlangt förmlich nach eindringlichem Hörgenuss. Und so blüht Kriefs neues Album auf Raten auf – vielleicht nicht ganz so eingängig und kraftvoll wie „Dovetale“, dafür auf andere Weise energischer, kraftvoller und als Langzeit-Wegbegleiter ausgemacht.


 


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