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20. März 2015

Satellite Stories - Vagabonds























Vom Vagabundenleben können vier junge Finnen offensichtlich ein Lied singen. Oder auch pfeifen, aber dazu später mehr. Seit 2012, dem Erscheinungsjahr ihres Debütalbums "Phrases Break The Ice", sind Esa Mankinen, Marko Heikkinen, Jyri Pesonen und Olli-Pekka Ervasti ständig auf Achse und erfreuen die stetig wachsende Anzahl ihrer Konzertbesucher mit flottem, tanzbaren Indiepop der elektronisch-synthetischen Sorte. 

Zwischendurch hatte das Quartett aus Oulu auch noch Zeit für die Alben Nummer Zwei ("Pine Trails", 2013) und Drei: Zusammen mit dem Produzenten Simon "Barny" Barnicott (Arctic Monkeys, Kasabian, The Tender Trap) entstanden jüngst 11 eingängige, gute Laune liefernde Popsongs ohne Ecken und Kanten, die man zunächst ganz eindeutig dem Two Door Cinema Club zuweisen würde. Für einen Test mit einem uneingeweihten Versuchskaninchen würde ich "Vagabonds" oder "Painted Arms" empfehlen.

Die auffälligsten (was nicht gleich bedeutend mit "besten" ist) Songs der Satellite Stories sind "The Trap", das Dank des Trompeten-Einsatzes von Chas Smash (Madness) einen leichten Ska-Einschlag erhält, "Campus", das mit seiner Mischung aus Folk, Elektro-Beats und gepfiffener Melodie zu Bastille und Avicii ganz hoch in die Charts gehört, und das abschließende, balladesk-kitschige Piano-Duett "With You". 




Der Titeltrack macht vor, wie dynamisch das trotzdem klingen kann. Wenn man dann noch wie in "Heartbeat" ordentlich Delay auf die Singlenotes ballert, darf man sogar verpasste Geständnisse besingen und unterkühlt feststellen: "Can't feel heartbeat, if I never get a chance to say I miss you, if I never get a chance I still do.".
Bedenkenlos verträglich, zwischendurch sogar ganz nett, aber gegen Ende will der Herzschlag dann tatsächlich aussetzen, so oft wie sich der schnöde Satz wiederholt. Wesentlich zackiger bringen die Jungspunde den gekünstelten Brit-Akzent in "Polarized" aufs Tanz-Parkett. Dezente Zurückhaltung in der Strophe, dann strotzt der Chorus nur so vor eingängiger Wohlfühl-Melodie. Die Mischung spricht auch in "When Love Became" oder "Round And Round" für ein stimmiges Patentrezept. Große Stärke von Frontman Esa Mankinen sind ohne Zweifel die sukzessiven Ausflüge in die Kopfstimme. Unangestrengt lässt er einzelne Hooks erklingen.
Spätestens das fröhlich pfeifende "Campus" holt dann auch den faulsten Akademiker aus der Koje. Dank Hip Hop-Beats und Folk-Akustik bekommt der Start in den Tag ungeahnte Flügel. Im Grunde nimmt der Titel sie ja eigentlich schon vorweg, die Hommage an die Freiheiten des Studentenlebens. Zusammen mit der Blaskapelle verbreitet "The Trap" noch mehr gute Laune. Nie penetrant und immer mit einem Blick für die Vergänglichkeit des besonderen Moments, mümmeln sich die Finnen in wohlige Schwermut ein.
"Heroine" oder "Same Sun" gehen dagegen in einer vorhersehbaren Indie-Leier unter. Der Synthesizer frisst die unscheinbaren Riffs im Hintergrund auf und Roboter-Gestotter wie "Go Go Go Go away, I need a, I need a proof that you feel the same", sorgt für ein beständiges Déjà-Vu-Erlebnis. Textlich hält sich das Finnen-Ensemble da einige Male zu lange mit zwischenmenschlichem Beziehungsgeplänkel auf. Von solch müdem Geplätscher geweckt, dreht man sich bloß achselzuckend zur Seite und pennt einfach weiter.
So viel Elektro-Gedüdel hat "Painted Arms" gar nicht nötig, um den trägen Hintern mit ordentlich Pfeffer über den Dancefloor zu scheuchen. Geschmeidiger Bass-Groove und eine schnellere Phrasierung begleiten den, naja, nostalgischen Blick ins Fotoalbum: "Brookyln Bridge, taking a photo, getting rich, taking a photo, raising kids, taking a photo". Die Chorus-Melodie atmet im Übrigen auch noch locker flockig durch den Autofilter. Demgegenüber lässt die abschließende Liebeserklärung in "With You" trotz femininer Guest-Vocals den entscheidenden Punch für große Gänsehautgefühle vermissen. Schade eigentlich, denn gesanglich geht das wirklich gut rein.
(laut)


Natürlich ist das Quartett in seinen melancholischsten Momenten nach wie vor besser gelaunt als sämtliche dunkel gewandete Post-Punk-Bands in ihren fröhlichsten. Dessen ungeachtet gehen etwa die Dream-Pop-Gitarren von "Heartbeat" weniger nach vorne als sonst, und Mankinens verhuschte Vocals zweifeln nicht zuletzt an der Liebe: "Heroine" fordert zu pointiertem Riff und Keyboard-Tupfern Zuneigungsbeweise ein, und das federnde "When love became" kommt zum nüchternen Schluss, dass auch in der intaktesten Beziehung irgendwann der Lack ab ist – so lasziv die Licks nach Art von Scissor Sisters' "Comfortably numb"-Version im Hintergrund auch kitzeln mögen. Und es ist durchaus eine Kunst, diese Einsichten in so luftig-unaufdringliche Songs zu verpacken, dass Jungs und Mädchen jeden Alters dabei zu keiner Zeit die Tanzfläche verlassen müssen.
Am erfrischendsten ist dieses Album jedoch, wenn es sich auf eher ungewohntes Terrain begibt und zu erstaunlich schlüssigen Ergebnissen gelangt. Das Melodiegeflöte von "Campus" befreit Peter Bjorn And Johns "Young folks" zu einem eiernden Backbeat aus dem Giftschrank des Ballermann-Indie und mündet in eine beschwingte Lovestory, und "The trap" macht die bereits in "Round and round" zaghaft anfragenden Bläser zum lauthals trötenden Hauptthema und zieht mit seinem Ungestüm auch den euphorischsten Friska-Viljor-Hopsern die Petersilie aus der Nase. Zwar sind Satellite Stories im abschließenden Piano-Duett "With you" wieder bei der trauten Zweisamkeit angekommen, die sich zuvor so widerspenstig zeigte – doch es würde nicht verwundern, wenn die Finnen schon bald weiterziehen. Hummeln im Hintern haben sie nämlich immer noch genug.
(Plattentests)


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