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18. Dezember 2014

Nervous Nellie - Where The Nightmare Gets In



















Das 2010er Album "Why Dawn Is Called Mourning" und ein Auftritt im Vorprogramm von den Shout Out Louds ließen mich Nervous Nellie in die nicht allzu häufig von mir geöffneten Schublade "folkiger Rock mit nasal-nervigem Gesang" stecken.

Jedoch hat das schwedische Quartett sich für den Nachfolger "Where The Nightmare Gets In" reichlich Zeit gelassen und präsentiert darauf 10 Songs, die abwechslungsreicher, tanzbarer, experimentierfreudiger und psychdelischer geraten sind. So hat "You're So Sad" einerseits Streicher, Glockenspiel und Akkordeon zu bieten und ist andererseits ein Duett mit der Sängerin und Schauspielerin Paloma Faith, am Ende von "Eaten By Bears" erklingen Flötentöne, Bläser werten "The Violence" oder "Dead Dirt" auf und das elektronische "Gloves" strebt auf die Tanzflächen und ist vielleicht das, was die Stars auf ihrem letzten Album versucht, aber nicht geschafft haben. Das Gleiche könnte man übrigens auch über das groovende "Skeletons" und die letzten Alben der Infadels sagen. 

Nervend-nasaler Gesang? Fehlanzeige. Das gleiche Resultat erhält man übrigens als Antwort auf die Frage nach Ausfällen oder Füllern. "When Nightmares Gets In" ist ein durchgängig gelungenes Album, das Indierock und Synthieklänge kombiniert und in den letzten Monaten zunächst als EP-Trilogie erschienen war und nun als vollständiges Album veröffentlicht wurde. Eine gute Entscheidung! Genau wie die, dass ich diese Schublade noch einmal aufgezogen und die runderneuerten Nervous Nellie neu entdeckt haben! 
     


Es ist ein lustvolles Stöbern und Stochern in akustischen Traditionen, ein halb intellektuelles, halb intuitives Arrangieren von kanonisierten Versatzstücken, die sauber aus dem historischen Kontext herausgearbeitet und neu interpretiert werden. Und genau in dieser übergreifenden Strategie offenbaren NERVOUS NELLIE ihre Klasse. Denn selbst wenn das Gesamtbild manchmal etwas verworren bleibt, gewährt “Where The Nightmare Gets In” einen flüchtigen Eindruck davon, wie gute Musik im noch ungefestigten neuen Jahrtausend klingen könnte – eklektisch, ekstatisch, elegant.

Am Ende hinterlässt “Where The Nightmare Gets In” einen harmonischen Eindruck. Die Band schafft Atmosphäre mit einem Hauch von Mystik. Dabei setzt man ganz auf Minimalismus, der hypnotisiert und fasziniert. Die Musikwelt wird von diesem Beben wohl noch sehr lange etwas spüren. “Where The Nightmare Gets In” erzeugt eine fesselnde Leere, in die man sich immer und immer wieder fallen lassen will – am besten in der U-Bahn, auf dem Weg zum nächsten Glühweinstand, während man sich zwischen den warmen Winterjacken versteckt und die Platte schluchzend ins Herz schließt.
(Terrorverlag)



(....) Besagter Bonus-Track ist “No Sound”, ein treibender Song mit semi-elektronischem Unterbau, der ein wenig an LCD Soundsystem erinnert, dabei aber die typisch schwedische Indie-Schule durchläuft – ein Kickstarter, der ebenso einen pulsierenden Abschluss zu einer hochgradig abwechslungsreichen Platte darstellt. Gleichzeitig wäre es aber auch schwer “Beacons” als Opener ‘abzusetzen’ mit dem feinsinnigen Wave-Rock-Sound, der in seiner nachdenklichen Grundstimmung ein wenig an Arcade Fire erinnert. Gerade Henrik Jonzons lakonische Darbietung in den Strophen rückt die Schweden ganz nahe an Kanada dran.
Und dann ist da noch der leicht kratzige, verwundbare weibliche Gesang in “You’re So Sad”. Der relativ typisch skandinavische Folk-Popper wird aber nicht von irgendeinem lokalen Stimmchen unterstützt, sondern vom exzentrischen britischen Soul-Wunder Paloma Faith – eine Überraschung, denn so fragil und zurückhaltend kennt man die Dame mit dem extravaganten Modegeschmack gar nicht. Im Alleingang punkten Nervous Nellie aber ebenso. Das schwerfällige “Gloves” mit seinem Zuckerguss-Überzug, das stoische “The Violence” mit Rock-Dynamik und das zittrige “Skeletons” zählen zu den weiteren Highlights.
(beatblogger)



2 Kommentare:

  1. Auch in diesem Fall hat mich die EP-Strategie abgeschreckt. Darüber habe ich vergessen, dass dieses Album Knaller wie "Gloves" enthält. 7,5 Punkte

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  2. Eine sehr schöne Überraschung.

    7 Punkte

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