Um seine 17-jährige Tochter Missy zu beeindrucken, lud Damon Albarn eine illustre Schar Musiker zu den Aufnahmen des fü...

Gorillaz - Humanz



















Um seine 17-jährige Tochter Missy zu beeindrucken, lud Damon Albarn eine illustre Schar Musiker zu den Aufnahmen des fünften Albums der Gorillaz ein und so schmückt sich nun nahezu jeder der  15 Tracks (hinzu kommt noch ein Intro und vier Interludes bzw. 5 weitere Lieder auf der Deluxe Edition) mit einem „featured“: Vince Staples, Popcaan, Danny Brown, Kelela, D.R.A.M., Kali Uchis, Pusha T, Jamie Principle usw. usf. 
Ich bin von dieser Liste weniger beeindruckt und müsste dafür vermutlich diese Namen alle erst einmal googeln. Gut, dass Damon auch an uns alte Leute gedacht und zudem De La Soul, Grace Jones, Benjamin Clementine und Jenny Beth (Savages) eingeladen hat. 

Nachdem vom letzten Album „The Fall“ (2011) fast niemand Notiz genommen hatte und Damon Albarn und Jamie Hewlett nicht gleich glücklich mit der Gewichtung der visuellen bzw. musikalischen Komponenten bei den Gorillaz waren, haben sich die beiden kreativen Köpfe wieder angenähert und sind das Projekt „Humanz“ angegangen. 

Die Anzahl der mir unbekannten Gastsängerinnen, -sänger und -rapper deckt sich treffenderweise ziemlich genau mit der Summe der Titel, die ich beim zweiten Hördurchlauf von „Humanz“ weiter geskippt habe. Einräumen muss ich jedoch, dass ich zwar durchaus auf früheren Alben der Gorillaz Singles wie „Clint Eastwood“ oder „Feel Good Inc.“ zu schätzen wusste, aber am liebsten die Lieder mochte, die am meisten nach Blur klangen. Eine Hitsingle suche ich jedoch hier vergebens ("She's My Dollar" oder "We Got The Power" fielen mir positiv auf), so dass „On Melancholly Hill“ mein liebster Gorillaz-Song bleibt. Dass auch Graham Coxon und Noel Gallagher am Album beteiligt sind, kann man weder hören noch rettet es diese zwischen Hip Hop, Dancehall, Synthpop, Soul, Funk, Reggae und Electronica ziellos dahin schlingernde Platte. 

Nachdem uns Damon Albarn 2014 ein erstes Soloalbum („Everyday Robots“) und ein Jahr später nach 12 Jahren Auszeit eine neue Platte von Blur („The Magic Whip“) schenkte, haken wir „Humanz“ als weitere Wiederbelebung ab und hoffen nun, nach 10 Jahren Pause, als konsequente Fortführung der albarnschen Reanimationen auf neue Klänge von The Good, The Bad & The Queen.




Fehlende gute Songs sind sicher nicht das Problem von "Humanz". Die nachgewiesen unfassbar talentierte Kelela schippert das träumerische "Submission" schon ganz allein über die Wupper, doch der Track gewinnt noch durch den aufrüttelnden Part von Danny Brown. Auch der funky Chorus von "Strobelite" gehört zu den klaren Highlights, ebenso das tanzbare "She's my collar". Das kickende "We got the power", mit Savages-Frontfrau Jehnny Beth als Unterstützung, ist zum Ende der alleinige Ausreißer aus HipHop und Soul in Richtung bollernder Elektropop. Anderweitig lassen in der zweiten Hälfte ein paar Tracks den Feinschliff vermissen. "Sex murder party" düdelt im leeren Raum zu lange vor sich hin, "Hallelujah money" verschenkt Benjamin Clementine aufgrund einer demohaften Komposition, bei der nichts so recht zusammenpassen will. Er ist nicht der einzige, der hier in irgendeiner Weise zu kurz kommt: Das überdrehte "Charger" nervt nicht nur etwas, sondern hat sein "feat. Grace Jones" offenbar nur als Schmuck-Deko im Titel. Mehr als Minimalbeteiligung von der Legende gibt es jedenfalls nicht.Trotzdem ist das Songmaterial im Schnitt sehr hochwertig. Wo "Humanz" stattdessen grandios scheitert, ist die Zusammenführung zu einem kohärenten Werk. Man wähnt sich eher auf einem Sampler denn auf einem von vorn bis hinten durchdachten Album – da helfen auch ein paar eingeschobene Interludes nicht. Und noch mehr als früher wackelt das ganze Konzept der virtuellen Band dahinter. (Plattentests)




Aber es fehlen Humanz nicht nur der innere Zusammenhang und ein verlässliches Mindestniveau für die politische Lyrik und Reflexion. Es herrscht auch ein sonderbares Stimmungsgefälle zwischen den Songs in der älteren, leicht wiedererkennbaren Gorillaz-Ästhetik und den Features. Die zornigen, euphorischen, kraftvollen Stellen des Albums verdanken sich durchgehend den Gästen. Wann immer hingegen die Stimme von 2D beziehungsweise seines Erschaffers und Darstellers Albarn erklingt, bewegen die Songs sich wesentlich in jener melancholischen Tonlage, die man von seinem letzten Soloalbum Everyday Robots aus dem Jahr 2014 kennt. So hinterlässt das Gorillaz-Projekt "selber" im Ganzen einen sonderbar erschlafften und kampfmüden Eindruck, während alles Vitale und Konfrontative wie hinzugekauft wirkt.
Nur im letzten Stück ist das anders: We Got The Power ist eine gewaltige, erhebende, Give-Peace-a-Chance-artige Empowerment-Hymne, in der Damon Albarn und Jehnny Beth von der jungen, tollen, aggressiven britischen Post-Punk-Gruppe Savages davon singen, dass niemand ihnen verwehren kann, zu lieben, wen immer sie wollen: "We've got the power to be loving each other / No matter what happens, we've got the power to do that". Für den Hintergrundchor haben sie sich eine Vielzahl von Sängern dazu gebeten, darunter auch den großen Damon-Albarn-Rivalen aus goldenen Britpop-Zeiten, Noel Gallagher von Oasis. Wobei dessen Stimme allerdings so tief im Mix versenkt worden ist, dass man sie eigentlich gar nicht zu hören bekommt: So weit ist der Wunsch nach universeller Harmonie und Gleichheit dann doch nicht gediehen, dass Albarn den Platz des musikalischen Königs für irgendjemand sonst räumen wurde.(Zeit)




4 Kommentare:

  1. Ich fand das Konzept schon immer wesentlich spannender als die Musik dahinter. 6 Punkte

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  2. Ach, Damon, hoffentlich konntest du wenigstens deine Tochter beeindrucken... 3 Punkte

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