Es läuft gut für Wolf Alice . Ihre ersten beiden EPs ("Blush", 2013, und "Creature Songs", 201...

Wolf Alice - My Love Is Cool
























Es läuft gut für Wolf Alice. Ihre ersten beiden EPs ("Blush", 2013, und "Creature Songs", 2014) wurden überaus wohlwollend aufgenommen, so dass sich Ellie Rowsell (Gesang, Gitarre), Joff Oddie (Gitarre), Theo Ellis (Bass) und Joel Amey (Schlagzeug) schnell auf der viel beachteten Sounds of 2015-Liste der BBC wieder fanden. Gemeinsam mit Alt-J tourten sie im Frühjahr durch die größten Hallen des Kontinents, bespielen aktuell mit ihnen die einschlägigen Festivals und zierten das Cover des NME. Gute Werbung also für ihr nun veröffentlichtes Debütalbum "My Love Is Cool", das aktuell bei Metacritic einen Score von 78/1010 aufweist und in England auf Platz 2 der Charts einstieg. 

Ich durfte das Londoner Quartett in Offenbach als Support von Alt-J und vor einigen Tagen beim Best Kept Secret Festival (hier finden sich Berichte, Fotos und Setlisten der Tage eins, zwei und drei) live sehen und musste feststellen, dass mir Wolf Alice zu lauten und harten Rock mit Grunge-Einschlag lieferten. Meine Erwartungen an "My Love Is Cool" waren also nicht allzu hoch.

Vielleicht liegt es am Produzenten Mike Crossey (Arctic Monkeys, Blood Red Shoes, The Kooks), dass sich die Band auf ihrem ersten Tonträger deutlich gezähmter, vielfältiger und poppiger präsentiert als während eines Konzertes. Direkte Vergleichsmöglichkeiten bieten die frühen Singles "Bros" und "Fluffy", die für das Album noch einmal neu aufgenommen wurden. Und so finden sich neben den breitbeinigen Rock-Songs ("You're A Germ", "Moaning Lisa Smile", "Giant Peach", "Fluffy") im Stile der 90er Ikonen wie Pixies, Sonic Youth, Hole oder The Breeders auch eingängige Indiepop-Songs ("Bros", "Freazy"), lieblicher Folkpop ("Turn To Dust", "Swallowtail" - mit Ausnahme der letzten 40 Sekunden) und Elektro-Spielereien ("Silk", "Soapy Water").   




Statt Folk setzen Wolf Alice süßen Pop und Grunge in einer infektiösen Mischung ein. Dabei ist das Album weniger rockig, als der Grunge-Vergleich vermuten lässt. Die Londoner haben vielmehr ein atmosphärisches Werk geschaffen, mit dem sie sich sowohl vor The Stone Roses, als auch Hole, Elastica und My Bloody Valentine verneigen. So öffnet “My Love Is Cool” auch erst einmal mit der ruhigen Ballade “Turn To Dust” und der wunderbar sentimentalen Mid-Tempo-Nummer “Bros”, bevor bei “Your Loves Whore” und “You’re A Germ” die Gitarren etwas mehr zum Einsatz kommen. Bei ersterem in etwas bombastischerer Manier und bei letzterem mit deutlichen Punk-Anleihen. Es ist diese Mischung aus packender Atmosphäre und juvenilem Rock, die “My Love Is Cool” so einzigartig macht. Denn Wolf Alice liefern damit eine beeindruckende Bandbreite, in der sie immer zu begeistern wissen. Egal, ob es sich um das einfühlsame “Silk”, oder den schweren Rock von “Giant Peach” handelt, Wolf Alice liefern ein Debüt ab, das in dieser Art lange kein Newcomer geschafft hat.
(White Tapes)




Das cool groovende Freazy erinnert an die Rave-o-lution der Stone Roses, Giant Peach in seinem atonalen und trotzdem Glam-Rock-artigen Gitarrenzorn könnte auch von Courtney Love aus ihren besten Tagen bei Hole stammen. Und You're A Germ mit seinem krachigen Riff und dem plakativen Laut-leise-Kontrast mag gar ein Zitat von Blurs Song 2 sein. Doch es geht auch sensibler: Der Eröffnungssong Turn To Dust ist eine verhuschte Folk-Ballade, in der die Sängerin Ellie Rowsell über die Sterblichkeit räsoniert. Das gleich darauffolgende Bros lebt vornehmlich von seiner hübschen, gar nicht so harmlosen Melodie, die einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf will. 
Wolf Alice nehmen all diese Einflüsse versiert auf, jeder Song ist ein Kleinod, das mit mehrmaligem Hören wächst. Man könnte aber auch sagen, Wolf Alice haben Probleme, eine eigene Stimme zu finden, weil die alten Stimmen zu laut sind und zu schön klingen. Aber wenn diese Geschichte ein Märchen ist, und wenn Wolf Alice noch nicht gestorben sind, dann werden sie, darauf ist My Love Is Cool ein großes Versprechen, in naher Zukunft womöglich ein bahnbrechendes zweites Album vorlegen.
(Zeit)




Wolf Alice in Deutschland:
19.11.15 Köln – Luxor
20.11.15 Berlin – Lido
22.11.15 Leipzig – Täubchenthal
22.11.15 Hamburg – Übel & Gefährlich


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