Das Klavier und die dazugehörigen intimen Balladen werden zwar auf "Too Bright" nicht eingemottet, aber denno...

Perfume Genius - Too Bright



















Das Klavier und die dazugehörigen intimen Balladen werden zwar auf "Too Bright" nicht eingemottet, aber dennoch richtet sich Mike Hadreas musikalisch auf seinem dritten Album neu aus. Mehr Elektronik, mehr Rhythmen, mehr Glitzer  & Glamour und eigentlich von allem mehr, das scheint die aktuelle Devise von Perfume Genius zu sein. Die vorab präsentierten "Queen" und "Grid" ließen dies bereits erahnen, "My Body" und "Longpig" zeigen sich ähnlich experimentell. 

Dennoch gibt es auf "Too Bright" auch noch die bewegenden, an Antony And The Johnsons erinnernden Kammerpop-Momemente, entweder in ihrer Reinform ("No Good", "Don't Let Them In", "All Along") oder stilistisch gebrochen, wie etwa im sich stets wandelnden "Fool". 

Mit Hilfe von John Parish und Adrian Utley von Portishead entstand das bisher vielfältigste und abwechslungsreichste Album von Perfume Genius, auch wenn man sich an die neuen Töne doch etwas gewöhnen muss.     



Mit „No Good“, „Too Bright“ und „All Along“ haben sich auf dem Album aber auch wieder reduzierte, melancholische Klavierstücke eingefunden, bei denen jedoch im Vergleich zu den Vorgängeralben eine klare musikalische Weiterentwicklung erkennbar wird.

Inhaltlich knüpft das Album an die Offenlegung seiner innersten Gefühle von „Put Your Back N 2 It“ an, vermittelt sogar zeitweise den Eindruck, dass das Innenleben von Hadreas in der Zwischenzeit noch düsterer, unglücklicher und selbstzerstörerischer geworden ist, wenn er Zeilen singt wie „There’s no gentle way / There’s no safe place / For the heart to hang when the body is no good” („No Good“) oder „For just a little bit / A heart long desperate / For something I had all along / I don't need your love / I don't need you to understand / I need you to listen.“ („All Along“). Doch so unsicher und zerbrechlich sich Hadreas auch auf den insgesamt elf Stücken des Albums offenbart, bedarf es dennoch Muts und großen Selbstbewusstseins, seinen Gemütszustand derart preiszugeben.

Sein Mut half ihm auch dabei, sich vermeintlich gut gemeinten Ratschlägen zu widersetzen, um stattdessen ein Album zu veröffentlichen, das mit ihm zu tun hat. Und das den Zuhörer berührt, bereichert und emotional ergreift.
(éclat)


Die erste Single "Queen" schlägt in dieser Hinsicht noch eher harmonische Portishead-Melodien an, bevor es in stilisierten Stammgesängen mündet und "Fool" ankündigt. Das wiederum startet mit fettigen Synthies und schweißgetränktem Fingerschnippen, bevor man plötzlich nicht mehr weiß, wo das Stück überhaupt hin möchte: Stille.
Dann Orgel, und – darauf arbeiten die Perfume Genius-Songs ausnahmslos hin – das überraschende Moment: Auf das abrupte Ende dieses folgt ein zweiter Teil des Songs, der hier ziemlich folkig klingt, an anderer Stelle dann wieder für einen Musical-Moment gut ist ("Too Bright").
Dieses Album ist ein schwarzes Loch. Seine Songs stiften abwechselnd melancholische Lebensfreude, um sie in der nächsten kleinen Episode wieder zu verschlingen. Doch genau diese Kehrtwenden verpassen "Too Bright" kräftige Konturen.
Zwischen all dem Piano-Purismus und den elektronischen Spielchen wirft Perfume Genius stets den Gedankenblitz ein: Welches Loch grabe ich als nächstes – und wie pflastere ich es wieder zu? In diesem Spagat zwischen Unzugänglichkeit und wohl dosiertem Effekt liegt wohl die Genialität dieser Platte.
(laut)

Perfume Genius in Deutschland:
17.11.14 Berlin, Lido
18.11.14 Heidelberg, Karlstorbahnhof


5 Kommentare:

  1. Flavorwires Top 20 Alben 2014:
    1. Perfume Genius — Too Bright
    2. Angel Olsen — Burn Your Fire For No Witness
    3. Run the Jewels — Run the Jewels 2
    4. EMA — The Future’s Void
    5. St. Vincent — St. Vincent
    6. Grouper — Ruins
    7. Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra — Fuck Off Get Free We Pour Light On Everything
    8. Arca — Xen
    9. Charli XCX — Sucker
    10. Angaleena Presley — American Middle Class
    11. Nicki Minaj — The Pinkprint
    12. D’Angelo & The Vanguard — Black Messiah
    13. Todd Terje — It’s Album Time
    14. Mac DeMarco — Salad Days
    15. Sun Kil Moon — Benji
    16. Azealia Banks — Broke With Expensive Taste
    17. Blake Mills — Heigh Ho
    18. Owen Pallett — In Conflict
    19. Total Control — Typical System
    20. Fennesz — Bécs

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  2. Die Begeisterung will sich nicht so recht einstellen.

    6 Punkte

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