Platten vor Gericht fragt - du antwortest (IV) Heute mit: Florian, Betreiber eines Videospielkonsolen-Museums Der Bandname Tocotronic leite...

Tocotronic - Schall und Wahn

















Platten vor Gericht fragt - du antwortest (IV)
Heute mit: Florian, Betreiber eines Videospielkonsolen-Museums


Der Bandname Tocotronic leitet sich von der japanischen Spielekonsole Tricotronic ab, dem Vorgänger des Gameboys. Ist sie in deinem Museum auch zu bewundern, Florian?

Tricotronic war ja eigentlich nur der deutsche Name für die „Game & Watch“ Spiele von Nintendo. Und genau hier sind wir bei den absoluten Anfängen meines digitalen Spielekonsums angekommen. Nie werde ich den Tag vergessen, an dem unsere Tante uns mit dem Spiel „Mario’s Cement Factory“ beschenkte. Sie ist an allem Schuld!
Bedauerlicher Weise habe ich dieses Spiel später gegen andere no-name LCD Spiele eingetauscht, sodass es sich leider nicht mehr in meinem Besitz befindet.
Lustiger weise hatte die Band Tocotronic aufgrund ihres Namens und dessen Herkunft immer einen deutlichen Sympathiepunkt bei mir. Selbiges gilt übrigens auch für andere Bands wie bspw. LCD Soundsystem, Arcade Fire etc. – Telespieler können halt nicht anders.


Welche 3 Exponate würdest du dir denn für deine Ausstellung am meisten wünschen?

1. Im Handheld Bereich wäre es in erster Linie der/die/das „TurboExpress“. Die Handheld Version der japanischen PC Engine Konsole der Firma NEC.
2. Das Multi-Mega von SEGA, eine extrem kompakte Version des Sega Mega CD.

3. Ein Neo Geo von SNK muss ich mir irgendwann auch mal gönnen.



Zurück zu Tocotronic: „Schall und Wahn“ stellt nach „Pure Vernunft darf niemals siegen“ und „Kapitulation“ den dritten Teil der so genannten „Berlintrilogie“ dar. Welches der drei Alben bevorzugst du?

„Pure Vernunft darf niemals siegen“ hat als einziges dieser Alben keinen Platz in meiner Plattensammlung gefunden. „Kapitulation“ und „Schall und Wahn“ sind für mich aus mir nicht wirklich erklärbaren Gründen zugänglicher und landen öfter auf dem Plattenteller oder in der Playlist.
Fairerweise muss man allerdings zugeben, dass Tocotronic hier insgesamt dreimal sehr gut abgeliefert haben.


Schall und Wahn“ erhielt durchgehend sehr gute Kritiken. Berechtigt oder alles nur Schall und Rauch?

Berechtigt natürlich! Plattenkritiken haben doch immer Recht.


Angenommen, du dürftest dir 3 Titel des Albums für einen Konzertabend wünschen - welche wären das?

1. Eure Liebe tötet mich: was für ein toller Opener!
2. Macht es nicht selbst: in Gedenken an Maria Montessori.

3. Bitte Oszillieren Sie: als Zugabe und alle gehen glücklich an die Bar oder nach Hause oder pendeln dazwischen hin und her.






„Macht es nicht selbst“ Video


„Schall und Wahn“ erreichte als erstes Tocotronic-Album den ersten Platz in den deutschen Charts, doch bei Platten vor Gericht herrschte bisher Schweigen. Ebenso über die neue Platte von Die Sterne oder das letztjährige Solodebüt von Jochen Distelmeyer. Wie kannst du dir das erklären, Florian?

Ist euer Motto nicht: Kein deutscher Indie Mainstream bei PVG! Nein, natürlich nicht! Der Grund könnte vielmehr sein, dass PVG ja fast ein Ein-Man-Unternehmen ist und Leute wie ich lieber mitlesen, anstatt selbst neue Platten vorzustellen. Außerdem tippt es sich so schlecht mit der Wiimote in der Hand.


Nachdem die beiden Vorgänger homogene Ästhetiken ausformulierten, wagen Tocotronic auf "Schall und Wahn" wieder klangliche Opulenz. Verhuschter Folk gelingt hier ebenso wie schlurfender Indierock, smithsiges Dandytum, psychedelische Flirts und scheppernder Slackerlärm. Die verschrobene Überheblichkeit "Die Folter endet nie" weidet sich an JaKönigJas Bläsern, und dank der verrätselten Streicherarrangements des australischen Avantgarde-Komponisten Thomas Meadowcroft gewinnen "Das Blut an meinen Händen", das sanft zaudernde "Im Zweifel für den Zweifel" und das zum Albumende davon schwebende "Gift" an Anbetungswürdigkeit. So ist "Schall und Wahn" eine überaus effektive Re-"Kapitulation" - und gleichzeitig auch alles andere. Da mag von Lowtzow lautstark "Keine Meisterwerke mehr" fordern, aber was soll der Rezipient tun, wenn sich die Band weiterhin keinerlei Fehltritte erlaubt? Wer mit hemmungslos gereimten Halbklarheiten den Verstand um den Finger wickelt, muss mit allen Neuronen geliebt werden. Und da Zusammenhänge ohnehin ignoriert werden sollen, darf diese höfliche Formulierung zweckentfremdet werden: "Ich bitte Sie / Genießen Sie."
(plattentests.de)

7 Kommentare:

  1. Für meine Verhältnisse eine recht hohe Tocotronic-Bewertung - das Album muss also gut sein.

    6,5 Punkte

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  2. Es ist sogar ziemlich gut, Dirk: 8.5

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  3. Den 8,5 kann ich mich anschließen.

    8,5 Punkte

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  4. Ich mochte das letzte Album, nach drei sehr starken Alben am Stück, ja nicht so. Das hier ist wieder besser

    7,5

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  5. Eure Liebe tötet mich ist toll, bitte oszillieren sie scheußlich. Insgesamt komme ich auf

    7 Punkte

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  6. Das Album hätte ich 2010 nicht verpassen wollen. 8 Punkte (Nun bin ich wirklich durch... ;-) )

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  7. Ein wunderbares Album. Es lebt. Die Musik ist besser denn je. Und die Band ist weiter im Wandel. Auf www.schule-der-rockgitarre.de/de/magazin/178 habe ich die Geschichte der Band zusammengefasst. Schaut doch mal rein.

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